Selten hat mich ein Rennrad emotional so gepackt wie dieses. Wahrscheinlich liegt es daran, dass ich ewig eines gesucht habe. Ich war gezielt auf der Suche nach einer Baustelle. Nach langer Suche bin ich dann wirklich fündig geworden.
Ich hatte eigentlich nur zwei Ansprüche - die sind mir aber sehr wichtig gewesen:
Rahmennummer musste im Lenkrohr eingestanzt sein
Kabelführung am Oberrohr mit Schellen
Das hört sich nicht dramatisch schwierig an, aber sucht mal eines...und dann auch noch ein Bianchi :-)
Irgendwann war es aber dann soweit. In der Nähe von Turin gibt es einen kleinen Vintage-Rennradladen. Dort war für.....ach, den Preis wollt ihr nicht wirklich wissen....ein Bianchi Rekord 70. Im schrottreifen Zustand. ABER: Mit Rahmennummer im Lenkerrohr und Kabelführungsschellen am Oberrohr.
2 von 2 Vorgaben erfüllt. Gekauft - in einer Schachtel.
In mühevoller Kleinstarbeit habe ich alle Teile zerlegt und gereinigt. Es hat ewig gedauert das richtige Vorgehen für die perfekte Reinigung herauszufinden. Ich denke, dies hat mich anfangs einige Wochen gekostet und unzählige doppelte Arbeit. Irgendwann fande ich aber dann die perfekte Mixtur aus ProWin, Alufolie, Orangenreiniger, Schleifschwamm und kleinen Elektroschraubenzieher. Aus den ganzen alten vergammelten Teilen, wurden wieder richtige ansehnliche Teile.....nach gerade mal 3 Monaten intensiver Arbeit.
Highlight dieser Zeit war sicherlich die neue Einspeichung der Felgen - das war absolutes Neuland und hat knapp 4 Wochen benötigt, bis das Resultat perfekt war.
Als der Zeitpunkt gekommen war, alle Teile waren perfekt vom Rost befreit, zusammengesetzt und somit wieder einsatzbereit - ging es zum Rahmen. Meine ersten Gedanken war, die berühmte "Patina" zu erhalten. Der Lack war teilweise in einem katastrophalen Zustand. Ich habe es einige Abende versucht, aber ich kam dann letztendlich zu dem Entschluss, es lackieren zu lassen.
Aber: Celeste ist nicht Celeste. Bianchi hat zu dieser Zeit, ganz nach der italienischer Denkweise, die Farbe Celeste immer so nach dem Gefühl gemixt. Manche waren heller, manche dunker....wie der Lackierer gerade gelaunt war.
Mir war aber wichtig, wirklich den Originalzustand "wie neu" herstellen zu lassen. Somit habe ich einen Oldtimerprofi und Lackierer aufgesucht, den Lack analysieren lassen und die originale Farbe mischen lassen.
Der Rahmen wurde nach der Lackanalyse in ein Tauchbad gelegt und 24h später war dieser blitzeblank. Mit einer Kamera wurde innen der Rahmen geprüft und per Sandstrahlen alle Roststellen innen/aussen beseitigt. Danach ging es wieder in einen Tauchbad zur Versiegelung und die Lackierung konnte beginnen.
Die Zeit des Zusammenbauens konnte ich gar nicht mehr so auf Bilder festhalten. Zu hoch war die Motivation nach fast 5 Monaten endlich fertig zu werden. Eines machte mir da aber noch Kopfzerbrechen: ich suchte immer noch die originalen Aufkleber dieses Modells.
Nachdem ich die Suche schon aufgegeben hatte, kam ich über 1000ecken auf einen französischen Händler der sich zum Hobby gemacht hat, alte originale Aufklebersätze für Stahlrennräder herzustellen. Ich fand ja Franzosen schon immer super 😜.
Dann war es soweit, es war fertig. Ich hatte den Plan es zu fahren. Den Plan habe ich schnell verworfen. Es stand einige Zeit im Wohnzimmer und nun suche ich einen Platz zum Aufhängen bei mir im Haus.